Der Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention ist Ausdruck einer gefährlichen Entwicklung: Der Schutz vor geschlechterbedingter Gewalt, Diskriminierung und Verfolgung ist keineswegs Konsens, immer mehr Regierungen machen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte in diesem Bereich sogar rückgängig. Hier zeigt sich mal wieder: Neben Rassismus und Antisemitismus sind Anti-Feminismus und Ablehnung von Queereness Kerninhalte der sogenannten Neuen Rechten, von Rechtspopulismus und nationalistischen Strömungen.

Die Istanbul-Konvention ist ein Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Verabschiedet wurde er in Istanbul. Der völkerrechtliche Vertrag schafft verbindliche Rechtsnormen gegen Gewalt an Frauen und häusliche Gewalt. Er trat 2014 in Kraft und wurde von 25 Nationen unterzeichnet. Die Türkei, die die Konvention als erster Unterzeichnerstaat überhaupt ratifiziert hatte, tritt nun wieder aus.

Im Übereinkommen festgeschrieben sind u.a.:

  • Die Verankerung der Gleichstellung der Geschlechter in den Verfassungen/Rechtssystemen der Unterzeichnerstaaten und Abschaffung von diskriminierenden Vorschriften.
  • Die Verbesserung der Hilfsangebote für Frauen und Auklärung der Bevölkerung.

Im konkreten heißt das: Rechtsberatung, psychologische Betreuung, finanzielle Beratung, Hilfe im Zugang zu Unterbringungsmöglichkeiten, Einrichtung von Frauenhäusern!

Außerdem verpflichten die Länder sich, Tatbestände wie u.a. körperliche und psychische Gewalt, Stalking, Genitalverstümmelung, Zwangsheirat unter Strafe zu stellen und gegen diese vorzugehen. Auch wenn ohnehin einige Länder die Inhalte der Konvention bisher nicht im vollen Umfang implementiert haben, zeigt der Austritt der Türkei, wie immer mehr Regierungen sich ganz offen gegen basale Frauenrechte, Gleichstellung und Anti-Diskriminierung stellen. Auch Polen hat seinen Austritt angekündigt, diesen allerdings bisher nicht durchgesetzt.